Foto: Maan Barua, An Amphibious Urbanism, 2023-2024.
Ein Remake ist die Neu-Verfilmung einer filmischen Vorlage. Künstlerisch betrachtet handelt es sich beim Remake meist um (Neu-)Interpretationen eines vorhandenen Stoffes, ein Remake kann aber auch die Täter- und Opferrollen innerhalb der Handlung neu besetzen und verteilen. Beim Remake handelt es sich um ein »aktives Sich-Aneignen der filmischen Sprache«.
Im Rahmen eines einwöchigen Workshops an der Maria Montessori Grundschule in Stuttgart-Hausen werden die beiden Solitude-Stipendiaten Sylvie Boisseau und Frank Westermeyer mit Schülern der vierten Klasse ein Remake des Filmes »Die Vorstadtkrokodile« realisieren. Das Original wurde 1977 unter der Regie von Wolfgang Becker nach dem gleichnamigen Kinderbuchbestseller von Max von der Grün gedreht. Der Film schildert, wie der junge Rollstuhlfahrer Kurt nach anfänglichem starken Widerstand schließlich zum wichtigen Mitglied der Bande der »Vorstadtkrokodile« wird.
Ziel des Workshops ist nicht nur eine Einführung in eine handwerklich-technische Kompetenz, sondern besonders auch eine medienkritische Betrachtungsweise von Film. Spielerisch und mit eigens für den Workshop konzipierten Materialien sollen die Kinder entdecken, wie Bedeutung im Film konstruiert wird. Sie sollen sensibilisiert werden sowohl für die Montage der Bilder als auch für die gewählten Bildausschnitte der Kamera. Über den Umgang mit Requisiten und die Inszenierung der Figuren sollen die Kinder selbst erfahren und reflektieren können, wie ein gesellschaftlicher Status produziert wird und wie die Erlangung beziehungsweise der Verlust dieses Status ein wesentliches Prinzip filmischer Dramaturgie darstellt.
Indem die Kinder im Rahmen des Workshops auf sämtlichen Ebenen des Entstehungsprozesses eines Films arbeiten werden, möchten die Künstler den Kindern Mut machen, Film nicht mehr als großes, uneinholbares Gesamtkunstwerk zu betrachten, sondern sich dieses Ausdrucksmittel anzueignen.
Die Ergebnisse des Workshops sind von Montag, dem 21. Juli um 15:30 Uhr bis Mittwoch, 23. Juli 2008 in der Montessori Schule zu sehen.
Sylvie Boisseau (*1970 in Paris) und Frank Westermeyer (*1971 in Essen) arbeiten seit 1996 zusammen und realisierten zahlreiche Videoarbeiten sowie Interventionen im öffentlichen Raum. Ausgewählte Einzelausstellungen: »Chinesisch von Vorteil«, 1a Galerie Hong Kong (2008); »Copy & Paste«, Centre Image Contemporain, Genf (2006); »Take Care«, ACC Galerie Weimar (2005); Ausgewählte Gruppenausstellungen: »Video: Düsseldorf/Riga«, Kunstraum, Düsseldorf (2008), ANDREJSALA/LCCA Lettisches Zentrum für Zeitgenössische Kunst, Riga (2008); »Videos by Boisseau & Westermeyer«, Frise, Hamburg (2007); »Sterne aus dem Videopalast«, General Republic, Berlin (2007), Galerie NoD, Prag (2007); »Je est il, Je sont ils?«, Centre d’art contemporain de l’Abbaye Saint André, Meymac (2007); »Eroi! Come noi …?« (Helden! Wie wir …?), Palazzo delle Arti, Neapel, Art_Clips ch.at.de und ZKM, Karlsruhe (alle 2007). Die Videoarbeiten von Sylvie Boisseau und Frank Westermeyer wurden vom Fernsehsender 3sat ausgestrahlt und liefen auf über 50 Festivals in mehr als 18 Ländern, wo sie zahlreiche Preise erhielten. Ausgewählte Projekte im öffentlichen Raum: »Drive In Meeting Area«, art chêne Biennale d’art en ville, Genf (2006); »Der Trampelpfad als Volksskulptur«, Weimar (2005); »Betonbriefkasten – ohne Leerung«, auf Einladung von »Pilotprojekt Gropiusstadt«, Berlin (2004); »Canopy private – public«, Kunstfest Weimar (2003). Boisseau und Westermeyer sind 2008 Stipendiaten der Akademie.
Die Zusammenarbeit mit der Maria Montessori Grundschule erfolgt im Rahmen des Förderprogramms »Kunststück« der Robert Bosch Stiftung. Ein weiterer Workshop findet Anfang Oktober mit der in Berlin lebenden Architektin Gabi Schillig statt; für kommendes Jahr sind weitere Projekte vorgesehen.
Maria Montessori Schule, Beim Fasanengarten 9, 70499 Stuttgart-Hausen
an Veranstaltung(en) beteiligt