Foto: Maan Barua, An Amphibious Urbanism, 2023-2024.
Nov 15 – Dez 21, 2012
AUSSTELLUNG
YELLOW, ETHICAL, SEXY, SELF-EXPLANATORY, EDIBLE, ALIVE, INDUSTRIAL AND LOOKING TO THE FUTURE – An object to be given in order to receive something back
YELLOW, ETHICAL, SEXY, SELF-EXPLANATORY, EDIBLE, ALIVE, INDUSTRIAL AND LOOKING TO THE FUTURE – An object to be given in order to receive something back
Mit Apparatus 22 (Erika Olea, Dragos Olea, Maria Farcas), Veronika Bjarsch, Jenny Brosinski, Juliane Götz, Carmen Raffaela Küster, Yael Mer & Shay Alkalay, Sybille Neumeyer, Thomas Pausz, Laura Strasser, Thomas Thwaites und Alan Worn
Vierzehn Designerinnen und Designer arbeiten seit Oktober 2011 gemeinsam mit Stefano Mirti (Juror für Design 2011/2013) an einem Projekt zum Verständnis von Design. Es geht nicht um Gestaltung, sondern vielmehr um die Frage, was Design sein kann und wohin es uns führen kann. Zur Eröffnung der Ausstellung werden die Besucher aufgefordert, einen Gegenstand ihrer Wahl mitzubringen, einen Gegenstand den sie mögen und der eine besondere Bedeutung für sie hat. Die Designer werden selbst jeweils 10 bis 12 Objekte, Fragmente, Werkzeuge bereitstellen, die an diesem Abend ausgestellt und zum Tausch angeboten werden. Insgesamt werden circa 120 Objekte in verschiedene Kategorien (gelb, ethisch, sexy, selbstredend, essbar, industriell, zukunftsweisend) eingeteilt.
Die Besucher wählen eine Kategorie aus, wissen jedoch nicht konkret, gegen welches der ausgestellten Objekte sie ihren mitgebrachten Gegenstand eintauschen werden. Während die Tauschobjekte vorbereitet werden, haben die Besucher die Möglichkeit, die weiteren Design-Projekte der Stipendiaten kennen zu lernen. Gegen Ende des Abends findet der Tausch der Gegenstände statt. Die von den Besuchern mitgebrachten Objekte bleiben Teil der Ausstellung.
Weitere Projekte der Designer, die im Rahmen der Ausstellung zu sehen sind:
Apparatus 22 (Erika Olea, Dragos Olea, Maria Farcas)
»Fitting not (Room One)«
Die aus drei Installationen bestehende Serie »Fitting not« enthüllt Momente der Wahrheit, die aus den Rissen einer optimierten Realität, wie zum Beispiel der Umkleidekabine eines Modegeschäfts, zutage treten. So ähneln die kapselartigen Umkleidekabinen dieser Serie den realitätsfernen Kulissen des Luxus-Shoppings. Apparatus 22 wirft auch einen kritischen Blick auf den Sprachgebrauch in der Modeindustrie. Hierfür wurden Texte und Werbeslogans aus den Online-Portalen marktführender Mode- und Kosmetiklabels in die Vergangenheit übertragen. Diese kleine aber subversive Änderung der Zeit lässt jede Form von Dringlichkeit obsolet werden und die ursprünglich geforderte emotionale Beteiligung verschwindet. Plötzlich eröffnen sich Freiräume für eine produktive Kritik an der Zukunftsversion, die überall um uns herum von der Mode- und Schönheitsindustrie gezeichnet wird.
Veronika Bjarsch
»Pipe Dream« (Brass, plywood, steel)
»A Fool’s Paradise« (Poplin, wadding, thread)
Die Räume der Solitude und ihre noch existierende Einrichtung und Patina zeugen von den Jahrhunderten, die an ihnen vorbeigezogen sind. Als Sommerschloss, einem Vergnügungsort, gebaut, wurde die Solitude später zum Militärkrankenhaus, zum Gefängnis und schließlich zur Heimat der Akademie Schloss Solitude. Welche Geschichten würden ihre Wände wohl enthüllen, könnten sie reden? Von diesen Beobachtungen und Fragen beeinflusst, hat Veronika Bjarsch einen Tisch und zwei Bänke hergestellt, die die Patina des Schlosses imitieren und dabei ganz bewusst Spuren der Zeit zulassen. Das Messing oxidiert, die Farbe des asymmetrischen Fußteils wird abblättern und die Sperrholzplatte freut sich über Kaffee- und Weinflecken. Damit soll nicht nur die unmittelbare Materialität der Umgebung aufgegriffen werden, sondern die Möbel sollen auch eine soziale Funktion erfüllen und die Akademie als einen Ort der Gemeinschaft widerspiegeln.
Jenny Brosinski
»Solitude« – lettercase with bellybuttons 75×50 cm
»Humantalk« – oil on stretched canvas 135×150 cm
Juliane Götz
»Serie grau«
Erst am menschlichen Körper kann Mode sich zu ihrer tatsächlichen Form entfalten. Die drei scheinbar klassischen, bodenlangen Abendkleider der »Serie grau« benötigen den Menschen jedoch nicht mehr als Träger sondern nur noch als reinen Betrachter. Während man selbst auf die Rolle des Beobachters reduziert wird, haben sie Eigenschaften und Funktionen erlangt, die eigentlich Lebewesen vorbehalten sind und stellen so das Verhältnis von Mensch und Mode in Frage.
»Serie schwarz«
Im klassischen Modedesign gibt es keine Berührungspunkte mehr zwischen dem Gestalter und der Trägerin eines Kleidungsstücks. »Serie schwarz« ist gedacht als Versuch diese Beziehung wieder herzustellen: die Vorstellungen und Wünsche der späteren Trägerin werden in enger Zusammenarbeit mit der Designerin in Kleidung übersetzt und vor Ort realisiert. Der Fokus liegt dabei auf dem Individuum aber auch auf dem Entstehungsprozess, welcher anhand von Gesprächen und Skizzen, Arbeitsabläufen, Schnitten und Nesselmodellen sichtbar gemacht wird.
Carmen Raffaela Küster
»Circus Revolution«
Es gibt eine Form von Zirkus, die nichts mit Pailletten, dem Geruch nach Sägespänen oder dem »hey-hop« schreienden stärksten Mann der Welt zu tun hat. Im Sinne des »nouveau cirque« ist Zirkus eine Kunstform. Mit dem Fokus auf der Darbietung des menschlichen Körpers verwenden die Artisten des »neuen Zirkus« Elemente aus Tanz, Theater, Pantomime und anderen performativen Künsten, um sie mit typischen Zirkusdisziplinen wie Jonglage und Trapez zu verbinden. »Circus Revolution« zeigt einen Teil von Carmen Raffaele Küsters Arbeiten im Bereich des »nouveau cirque« und will auf diese weitgehend unbekannte und ignorierte Kunstform aufmerksam machen.
Yael Mer & Shay Alkalay
»Soft Igloo«
Es handelt sich um ein faltbares, weiches Gebilde aus handelsüblichen Schaumstoffplatten die für Polsterung und Matrazen verwendet werden. Während der Arbeit an einem Lehnstuhl entdeckte Yael Mer die Besonderheiten des Polyurethanschaums, der normalerweise unter Stoffen verborgen bleibt. Das Soft Igloo stellt dieses Material und vor allem seine Qualitäten in den Vordergrund, seine Biegsamkeit, Weichheit, Durchsichtigkeit, die angenehme Art seiner Verarbeitung und die unterschiedlichen Farbschattierungen von weiß über gelblich bis hin zu braun. Die Form des Iglus knüpft an das Interesse der Künstlerin an, dreidimensionale Formen aus flachen und flexiblen Materialien zu schaffen. Die Besucher werden aufgefordert, das Objekt zu betreten und dort hoffentlich entspannende Momente zu erleben.
»Circular Railway«
Eine Modelleisenbahn fährt auf einer kreisförmigen Bahnstrecke, die auf einem rotierenden Untergrund montiert ist. Der Untergrund rotiert in der gleichen Geschwindigkeit wie die Bahn, allerdings in umgekehrter Richtung. So entsteht der Eindruck, dass sich die Modelleisenbahn nicht von der Stelle bewegt.
Sybille Neumeyer
»Kabinett Laboratorium«
Das Kabinett Laboratorium ist Schnittstelle zwischen Wunderkammer und Labor, das Anliegen des Sammelns und der Repräsentation wird hier kombiniert mit einer poetischen Reflexion und der Einbettung wissenschaftlicher Methoden in visuellen Praktiken. Beeinflusst von ihrem Interesse an Biologie, Archäologie, Botanik und Geologie erschafft Sybille Neumeyer innerhalb ihres Arbeitsraumes und Werkprozesses eigene Klassifikationen und Transformationen von Objekten und verwischt dabei die Grenzen zwischen fiktionalem, poetischen und wissenschaftsbasiertem Wissen. Diese mikrokosmische Sammlung von Artefakten bildet den Nährboden für Spekulationen über Wissenschaft, Natur, visuelle Forschung und mehr.
Thomas Pausz
»INTELLIGENCE STARTS WITH THE FEET. Design is Gymnastics«
(Bd. 2 der Reihe elastic editions | design enquiries published quarterly)
Was wäre geschehen, wenn Raymond Duncan und Otl Aicher gemeinsam ein Designstudio gegründet hätten: Autonomie, Respektlosigkeit und visuelle Gymnastik. Die Autoren führen ein Interview mit einem geläuterten Kunststudenten, der sich dazu entschieden hat, in London das modische Handwerk des Steinmetz´ zu erlernen. Die Autoren sehen das Drucken als eine olympische Disziplin im Kampf gegen die digitale Müdigkeit.
Mitwirkende: Ruby Sumner, Nicole Alghieri, Raymond Duncan, Orson Welles, Thomas Pausz.
Mit freundlicher Unterstützung des Institut français / Ministére de la Culture et de la Communication (MCC)
Laura Straßer
»With Love from China«
China ist die Geburtsstätte des Porzellans. Dieses wertvolle und wundervolle Material erreichte Europa über die Seidenstraße und löste eine wahrhafte Porzellanmanie aus. Porzellan, bekannt als das weiße Gold, wurde zu hohen Preisen gehandelt und da das Geheimnis seiner Produktion von großer ökonomischer Bedeutung war, versuchten viele Menschen in Europa hartnäckig, es neu zu erfinden. Kundschafter wurden ausgesandt um im chinesischen Kaiserreich Industriespionage zu betreiben und das Rätsel der Porzellanherstellung zu lüften. Vor etwa 300 Jahren wurde das Porzellan dann erfolgreich im deutschen Meißen neu erfunden. Die ersten Objekte waren Kopien der chinesischen Modelle, da die europäischen Monarchen besessen von Porzellan asiatischen Stils waren. Die Geschichte der europäischen Porzellanherstellung ist daher stark von der Kopie geprägt, eine Ironie, da China heutzutage im Verdacht steht, sogar deutsches Porzellan zu imitieren. In Erwartung dieser Entwicklungen gab Laura Straßer ihre eigene Kopie in Auftrag: Die Büsten – als das Symbol für Repräsentation überhaupt – sind Kopien der Künstlerin selbst. Sie wurden in China produziert.
Thomas Thwaites
»›Centuries by the Day‹ Calendar Wallpaper«
Dieser Kalender zeigt jeden Wochentag an, wobei er sich Jahrhunderte in die Vergangenheit und Jahrhunderte in die Zukunft erstreckt. Das Schloss Solitude wurde 1769, also vor 243 Jahren erbaut. Der Kalender beginnt am 1. Januar 1769 und reicht über das Jahr 2012 hinaus noch weitere 243 Jahre in die Zukunft. Jeder Tag von nahezu einem halben Jahrtausend ist an der Wand zu sehen und jeder Tag erhält gleichviel Platz (Wochenenden sind hervorgehoben). Unsere gesamte Lebensspanne ist in ungefähr 80 Reihen angezeigt, ein Bruchteil des ganzen Kalenders. Ersetzt werden muss dieser Kalender am 31. Dezember 2155.
Alan Worn
»Positioning«
Architekten haben ihre Inspiration oft in den Unterschieden aber auch den erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen Zeichnungen und Gebäuden gefunden. Diese Skulpturen erkunden wie zweidimensionale Erhebungen oder Vertiefungen, verschiedenartig übertragen, kombiniert und wahrgenommen werden können: anhand verdrehter Oberflächen in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Reflexionsgraden wird der Eindruck idealer geometrischer Formen erzeugt. Aus der Sicht konstruierter Perspektiven und über diese hinaus verweisen die Skulpturen auf die Spannungen zwischen dem Idealen und dem Realen, dem Graphischen und dem Materiellen.
Ausstellungseröffnung: Donnerstag, 15. November 2012, 20 Uhr
Ausstellungsdauer: Freitag, 16. November bis Freitag, 21. Dezember 2012
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–12 & 14–16 Uhr, Sa–So 12–16 Uhr
an Veranstaltung(en) beteiligt
Foto: Maan Barua, An Amphibious Urbanism, 2023-2024.
Design: Basics09